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Farbenblindheit und Farbsehschwäche: Was steckt dahinter?

Ist Farbenblindheit eine Krankheit – und wie unterscheidet sie sich von einer Farbsehschwäche? Wie Farbsinnstörungen entstehen, warum Männer häufiger betroffen sind und warum der Begriff “farbenblind” im normalen Sprachgebrauch oft falsch verwendet wird.
Service – 25. November 2020

“Du bist doch farbenblind!” Sind Mann und Frau sich beim Shopping nicht ganz einig, ob die Farbe Khaki jetzt doch eher grün oder braun ist, wird dem anderen schnell Farbenblindheit unterstellt. Obwohl dieser Vorwurf meist nur scherzhaft gemeint ist (und Farbwahrnehmung ohnehin eine sehr individuelle Sache ist!) – unter richtiger Farbenblindheit versteht man etwas komplett anderes! Nicht einmal die am weitesten verbreitete Farbsinnstörung – die Rot-Grün-Schwäche – hat etwas damit zu tun.

In diesem Beitrag erfährst du

  • was man unter Farbsinnstörungen im Allgemeinen und
  • Farbenblindheit im Speziellen versteht,
  • welche Unterschiede dabei zur Farbsehschwäche bestehen,
  • warum mehr Männer als Frauen von Farbsinnstörungen betroffen sind und
  • wie Farbsinnstörungen diagnostiziert werden.

Farbsinnstörungen: Welche Formen gibt es?

Farbenblindheit

Abweichungen vom normalen Farbsehen werden im Fachjargon als Farbsinnstörung bezeichnet. Auftreten können Farbsinnstörungen in unterschiedlicher Form und Ausprägung.

  • Bei der sehr seltenen, ererbten totalen Farbenblindheit (Achromatopsie) sind die Zapfen (die fürs Farbsehen verantwortlichen Sinneszellen auf der Netzhaut) gestört, wodurch überhaupt keine Farben wahrgenommen werden – sprich, Betroffene sehen nur Schwarz-Weiß bzw. Graustufen. Zusätzlich leiden sie unter grundsätzlich geringer Sehschärfe und Lichtempfindlichkeit.
  • Eine Farbenblindheit kann aber auch nur einzelne Farbtöne betreffen (Dichromasie): Wer rot-grün-blind ist, kann entweder Rot oder Grün als Farbe nicht erkennen. Weitere Formen der partiellen Farbenblindheit sind eine reine Rot- bzw. Grünblindheit oder die Blaublindheit, bei der wie der Name schon sagt die Farbe Blau nicht erkannt und in diesem Fall als Gelb gesehen wird. In diesen Fällen funktioniert jeweils ein Zapfentyp auf der Netzhaut nicht. (Mehr zum Thema Funktionsweise des Auges gibt es in diesem Beitrag.)

 

Farbsehschwäche

Wesentlich häufiger als Farbenblindheit sind Farbsehschwächen. Dabei werden bestimmte Farben mehr oder weniger, jedoch nicht in vollem Ausmaß wahrgenommen. Betroffene verwechseln bestimmte Farbtöne oder können sie nicht voneinander unterscheiden. Auch hier liegt die Ursache in eingeschränkter Funktion von Zapfenzellen auf der Netzhaut.

  • Am weitesten verbreitet ist die Rot-Grün-Schwäche, nach ihrem Entdecker John Dalton auch als Daltonismus bezeichnet. Rund 8 Prozent der Männer und 0,4 bis 0,5 Prozent der Frauen leiden unter dieser Farbsehschwäche. Betroffene können die Farben Rot und Grün schlecht voneinander unterscheiden und nehmen stattdessen meist unterschiedliche Schattierungen von Braun und Grau wahr.
  • Im Detail differenziert man zwischen einer Rotschwäche (Rot wird schlechter von Grün unterschieden) oder der wesentlich häufigeren Grünschwäche (Grün kann schlechter von Rot unterschieden werden). Farbsehschwächen können z. B. aber auch die Farbe Blau betreffen.
Farbenblindheit – Optiker Steiermark© iStock/huasui
Pseudoisochromatische Tafeln kommen bei der Diagnose von Farbsinnstörungen zum Einsatz.

Wie werden Farbsinnstörungen diagnostiziert? 

Da Betroffenen ihre eingeschränkte Farbwahrnehmung nicht auffällt, werden Farbenblindheit bzw. Farbsehschwächen meist erst spät erkannt. Zum Beispiel, wenn man sich als Elternteil wundert, warum ein Kind Farben verwechselt, nicht erkennt oder nicht richtig benennt.

Ob und welche Farbsinnstörung vorliegt, kann mittels diverser Tests herausgefunden werden. Am bekanntesten sind pseudoisochromatische Tafeln – dazu zählt etwa der nach seinem japanischen Erfinder benannte Isihara-Test, der zur Diagnose von Rot-Grün-Störungen eingesetzt wird. Die Isihara-Tafeln zeigen farbige Kreise, in denen ein Normalsichtiger Buchstaben oder Zahlen (bzw. bei Tests an Kindern Figuren oder Tiere) sieht, die mit einer Farbsinnstörung nicht erkannt werden.

Um Blau-Gelb-Störungen zu diagnostizieren, kommen anders gefärbte Pigmenttafeln und Tests zum Einsatz. Neben Farbtafeln gibt es auch Farblegetests, bei denen Chips in unterschiedlichen Farben sortiert werden müssen.

Farbenblindheit – Optiker Steiermark© iStock/huasui
Wird die Zahl im Kreis nicht erkannt, ist das ein Anzeichen für eine Farbsinnstörung.

Warum sind Männer häufiger von Farbenblindheit und Farbsehschwächen betroffen?

Warum es bei Farbsinnstörungen viel mehr männliche Betroffene gibt? Der Grund liegt in unseren Genen. Der Großteil der Gene, die Farbenblindheit oder Sehschwächen auslösen können, liegen auf dem X-Chromosom, von dem Männer eines, Frauen jedoch zwei besitzen. Ist also bei Frauen ein mit Farbsinnstörungen verbundenes Gen defekt, gleicht die Genkopie auf dem zweiten X-Chromosom – sofern intakt – den Defekt aus. Zu Farbsinnstörung kommt es bei Frauen also nur dann, wenn das entsprechende Gen auf beiden X-Chromosomen einen Schaden aufweist. Da Männer nur ein X-Chromosom haben, kann ein potentieller Defekt nicht durch ein zweites ausgeglichen werden.

Angeborene Störungen der Farbwahrnehmung können nicht therapiert werden, bleiben im Allgemeinen aber im Laufe des Lebens konstant.

 

Achtung bei plötzlich veränderter Farbwahrnehmung

Obwohl Farbsinnstörungen in den meisten Fällen vererbt sind, können veränderte Farbwahrnehmungen auch plötzlich auftreten. Die Gründe können vielfältig sein – in jedem Fall aber handelt es sich um ein Alarmsignal des Körpers, bei dem man umgehend einen Arzt konsultieren sollte.

Farbenblindheit – Optiker Steiermark© iStock/huasui
Ob eine Rot-Grün-Farbsinnstörung vorliegt, wird mit Tafeln wie dieser getestet. Bei Kindern werden als Erkennungssymbol oft Tiere statt Zahlen gezeigt.

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